Neues Produkt in einem Hype, den es nie gab?

Wir schlagen uns nun ja schon länger mit dem Mobile Payment Hype herum. So richtig wird es aber nichts. Nicht so einfach aus dem Gartner „Tal der Tränen“ wieder rauszukommen. Nachdem 2014 bekannt wurde, dass Apple mit seiner eigenen Bezahllösung Apple Pay weltweit an den Start geht, hat die Meldung in aller Welt einen regelrechten Hype erzeugt (mehr aber noch nicht…). Girocard Mobile: Neues Produkt in einem Hype, den es nie gab? Auch die Rivalen Samsung und Google haben prompt mit ihren eigenen Lösungen Samsung Pay und Google bzw. Android Pay eine Antwort auf Apple Pay geliefert. Die Erwartungen sind groß und in der Kombination mit dem NFC Roll Out in Teilen durchaus berechtigt. Die Realität ist aber immer noch etwas „schwierig“. In Deutschland wartet man immer noch vergeblich auf den Start all dieser Lösungen. Gerüchte gibt es schon lange…mehr aber auch nicht. Dies liegt zum einen daran, dass viele Banken gerade ihre eigenen mobilen Lösungen entwickeln und daher an einer Kooperation mit Apple, Samsung und Google nicht interessiert sind bzw. sich ein Dialog „schwierig gestaltet“, und zum anderen an der Einstellung der Deutschen zu Innovationen im Payment und dem Festhalten am Bargeld („out of my dead cold hand“ Charlton Heston). Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Deutschen noch nach einem Weg suchen Bargeld aufs Handy zu bringen und per NFC zu übertragen ?…. QR Code auf dem 50er?! Aber wir geben nicht auf…Netto und Edeka haben mit ihrer Payment App einen ersten Versuch gewagt, der hängt aber noch in der User Experience Feedback Schleife fest. Andere Anbieter machen das schon besser. Payback Pay und BLUECODE sind schöne Beispiele, wo der Markt versucht den Endkunden zu erziehen. Sicherlich noch nicht die „Endausbaustufe“, aber ein guter Schritt langsam die Skeptiker zu überzeugen…. Laut Deloitte haben gerade einmal vier Prozent aller Mobilfunkteilnehmer in Deutschland ihr Smartphone zum Bezahlen benutzt. Da geht noch was. Die Hauptgründe für die starke Zurückhaltung der Deutschen waren, neben dem unklaren Nutzen, vor allem Sicherheitsbedenken („German Angst“) und auch unklare/zu wenige Akzeptanzstellen. Schätzungen zufolge sind bisher nur 150.000 von 700.000 Terminals im stationären Handel in Deutschland für Zahlungen mit NFC ausgerüstet. Das Problem löst sich aber hoffentlich bis Ende 2018 durch den „Umstellungszwang“ auf. Aber auch der Handel ist oft „keine Hilfe“ beim Thema Innovationen. Man „liebt zwar Lebensmittel“, hat aber teilweise an der anderen Stelle untersagt, NFC-Zahlungen jeglicher Art anzunehmen. Das verstehe wer will. Parallel wurde auch noch GiroGo beerdigt („Familiengruft“), was an sich kein Verlust ist, aber doch zeigt, wie man neuen Themen im Bereich Payment gegenübersteht. Lieber reduzieren als „Innovationen fördern“. Girocard Mobile: Neues Produkt in einem Hype, den es nie gab? Generell zeichnet sich ab, dass im Bereich mobiles Bezahlen derzeit die „Tap&Go“-Variante via NFC in der Pole Position ist. Die Hürde ist am geringsten, wenn das „Device“ eine Karte ist („der Kunde muss nur eine Gewohnheit ändern, nicht gleich mehrere“). Damit fühlt sich der Deutsche am Wohlsten. Ein Großteil der Kredit- und Debitkarten besitzt mittlerweile NFC-Chips und ermöglicht dadurch einen kontaktlosen und schnellen Bezahlvorgang. Bis Ende 2017 werden hierzulande etwa 20 Millionen Girocards mit NFC-Chips erwartet. Künftig wird daher die Anzahl kontaktloser Bezahlvorgänge mit der Girocard noch stärker zunehmen.

Girocard Mobile: Wie passt das nun in den Trend? Ist der Kunde nicht schon verwirrt genug?

Die meisten existierenden Bezahlsysteme, die auf ein mobiles Gerät als Bezahlschnittstelle setzen, sind „card based“ und wickeln über eine Scheme-basierte Infrastruktur ab. Lokale Debit Schemes wie Girocard sind meist „außen vor“ bzw. nur Beiwerk. Muss man da als Girocard nun „reingrätschen“? Es gibt die ersten Pilottests mit der mobilen Girocard, die in digitaler Form im Smartphone hinterlegt ist und in der Regel über die App der Issuing Bank angesteuert wird. Was ist dabei der Kundennutzen? Will der Endkunde überhaupt die Bank App öffnen, wenn er einkauft? Versteht er den Approach? Wie sinnvoll ist eine Integration der Girocard auf mobilen Geräten, wenn künftig immer mehr physische Girocards mit einem NFC-Chip ausgestattet werden und internationale Lösungen rund um VISA und Mastercard im Smartphone, Tablet und in der Smartwatch auf dem Vormarsch sind? Warum belässt man es nicht bei VISA und Mastercard als Standard auf mobilen Geräten, sondern entwickelt eine eigene Lösung? Wie verhindert man, dass die Endkunden nicht zu viele unterschiedliche Karten in unterschiedlichen Apps auf dem Smartphone haben (um dann doch beim Bezahlen den Geldbeutel zu zücken weil die Karte schneller rausgezogen werden kann, als dass die App gefunden und geöffnet wurde)? Girocard Mobile: Neues Produkt in einem Hype, den es nie gab? Es gibt einige Gründe, die für eine Integration der Girocard auf mobilen Geräten sprechen:
  1. Deutschland ist kein Kreditkartenland. Debitkarten sind weiterhin verbreitet. Die Girocard im Co Badge am meisten.
  2. Die DK will das Girocard Scheme stärken und v.a. funktional nicht hinterherhinken (sollte dann die Girocard nicht erstmal onlinefähig werden?) Und was ist im Ausland bei Girocard Only Produkten?
  3. Um Value Added Services integriert und kundenfreundlich anzubieten, komme ich um das Endgerät Smartphone nicht mehr herum. Ich brauche da eine Lösung.
Aber sind das nicht alles Gründe, die nicht vom Kunden kommen (oder nur in 2. Instanz)? Daran anschließend gibt es einiges an Fragen vor allem aus der Payment Infrastruktur Welt kommend:
  • Wie viel technischen Anpassungsbedarf gibt es auf Seiten der Terminals und Acquirer? Welche Konsequenzen hat dies für das Cobadging?
  • Wie integriert ein Drittanbieter die Girocard mit der Bezahlfunktion in seine App (seamless)?
  • Gibt es eine zentrale Tokenisierung?
  • Ist ein Parallelbetrieb auf dem Smartphone möglich? (z.B. VR Bank Kreditkarte und VR Bank Girocard)
  • Was passiert mit der Lastschrift am POS?
Girocard Mobile: Neues Produkt in einem Hype, den es nie gab?

Fazit

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Vorhaben der mobilen Girocard noch ein paar Fragen offen lässt. Die Motivation ist aus Sicht der Banken heraus klar. Aber reicht das für den Kundenerfolg? Einerseits muss man diesen Schritt gehen, wenn sich die Girocard von den Schemes lösen soll. Andererseits stellt sich die Frage, ob der Kunde am Ende tatsächlich mehrere digitale Karten auf seinen Endgeräten nutzen will oder sich nicht doch allein auf die Mastercard/VISA-Brand aufgrund der internationalen Akzeptanz und weiterer exklusiver Features beschränkt. Spannend wird es darüber hinaus dem Endkunden beizubringen, dass beispielsweise an einem POS eine mobile VISA akzeptiert wird, eine mobile Girocard jedoch nicht (oder umgekehrt). Der Kunde ist ja eh schon verwirrt, da er jetzt ja in Teilen die Kartentypen auswählen darf/soll/muss. Diese Verwirrung schadet am Ende der Einführung neuer Produkte. Aus meiner persönlichen Kundensicht würde ich mir ein integriertes Produkt und keine neue („Insel“)Lösung wünschen. Zumindest auf der Nutzerschnittstelle. Wie das Spiel im Hintergrund gespielt wird, ist sekundär.   Quellen: https://www.golem.de/news/vodafone-pilottest-fuer-girocard-auf-dem-smartphone-1611-124685.html http://www.ibi.de/files/Erfolgsfaktoren-und-Hindernisse-bei-M-Payment-in-Deutschland.pdf http://www.maclife.de/news/iphone-geldboerse-bezahlen-geschaeft-netz-10090758.html http://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/apple-pay-mein-favorit-ist-ganz-klar-nfc/14517304-2.html http://docplayer.org/19115512-Die-zukunft-der-girocard.html https://die-dk.de/media/files/05_DK-IV_girocard-kontaktlos_Hoenisch.pdf

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