Letzte Woche startete die Deutsche Börse den Dax 50 ESG. Er soll den Transformationsprozess zu einer nachhaltigen Finanzindustrie beschleunigen. Außerdem steigt die Nachfrage nach nachhaltigen Investments. Kritik kommt von Umweltschützern.

Dank der Aktivistin Greta Thunberg, durch die Problematik steigender Meeresspiegel, einem Winter, der keiner mehr war, der Diskussion um Co2-Emissionen und Kohleausstieg, kann sich 2020 niemand mehr dem Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz entziehen. Das haben nicht nur junge Finanz-Startups für sich entdeckt, die sich für eine nachhaltige Finanzindustrie einsetzen, sondern auch großer Konzerne, für die Nachhaltigkeit zu einem wichtigen Faktor ihres Wirtschaftens geworden ist. Dahinter steckt knallharte Kalkulation, denn künftig werden Unternehmen nicht mehr nur die Bilanzen über den Wert einer Firma entscheiden, sondern auch daran, wie sehr es unter Umwelt- und Klimagesichtspunkten abschneidet. Der aufgeklärte Kunde will es so!

Die Zeichen der Zeit hat nun auch die Deutsche Börse erkannt und Mitte letzter Woche einen neuen Index an den Aktienmarkt gebracht: Im so genannten Dax 50 ESG werden künftig nur solche Unternehmen aufgenommen, die sich Themen wie Umwelt- und Arbeitnehmerschutz sowie eine gute Unternehmensführung auf die Fahnen geschrieben haben.

Ein „Gute Gewissen“-DAX für mehr Nachhaltigkeit an der Deutschen Börse

Heißt: Anleger können somit direkt in Firmen investieren, die Umweltschutz und Sozialverantwortung ernst nehmen.

Die drei Buchstaben „ESG“ im Namen stehen für die englischen Begriffe für Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). Und die Zahl verrät: Insgesamt sind 50 Aktienunternehmen darin vertreten.

Die Nachfrage nach nachhaltigen Investments ist gestiegen

Der Grund, warum die Deutsche Börse – übrigens später als ihre Konkurrenzen – jetzt nachzieht: „Die Nachfrage nach nachhaltigen Indizes bei Investoren steigt seit Jahren. Wir haben uns deshalb dazu entschieden, einen ESG-DAX-Index zu starten, der dieselben hohen Standards wie sein Namenspate erfüllt“, sagte Stephan Flägel, Global Head of Indices & Benchmarks bei Qontigo, dem Index- und Analytikgeschäft der Gruppe Deutsche Börse, und in dieser Funktion die Indexfamilien Daxund Euro Stoxx verwaltet.

Der Index erfülle damit die Kriterien, auf die institutionelle Investoren und Privatanleger heute gleichermaßen Wert legen. Die Unternehmen werden vierteljährlich überprüft. Wer gegen die Nachhaltigkeitskriterien des Index verstößt, fliegt raus. Von vornherein ausgeschlossen sind zudem Unternehmen, die ihr Geld mit Waffen, Tabak, Kohle oder Atomkraft verdienen. „Diese Auswahl führt zu einem neuen Dax, zu einem neuen Maßstab für eine nachhaltige Wirtschaft, die die Finanzindustrie benutzen kann, um eine Transition zu einer weltweiten nachhaltigen Realwirtschaft zu unterstützen“, sagt Flägel.

„Umwelt-DAX“ nicht ohne Kritik

Ein „Gute Gewissen“-DAX für mehr Nachhaltigkeit an der Deutschen Börse

Für die Erstellung des Dax 50 ESG werden Ausschlusskriterien angewandt, die den Prinzipien des UN Global Compact folgen. Diesen Pakt haben die Vereinten Nationen und Unternehmen geschlossen, um die Globalisierung ökologischer und sozialer gestalten.

„Klima- und Umweltrisiken, soziale Faktoren und Aspekte der Unternehmensführung werden für den Finanzsektor zur Risikobewertung eine essenzielle Rolle spielen“, sagt auch Kristina Jeromin, die sich an der Deutschen Börse für das Thema Nachhaltigkeit verantwortlich zeichnet.

Weil bei der Bestimmung der Indexmitglieder allerdings auch Unternehmen wie Bayer, Lufthansa oder Daimler – also nicht unbedingt bekannt als führende Klimaretter – identifiziert wurden, kritisierten Umweltschützer, darunter auch Lia Polotzek, Finanzexpertin des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland den Ansatz der Deutschen Börse gegenüber dem Handelsblatt als „Augenwischerei“.

Parallel kündigte Flägel zeitnah einen börsengehandelter ETF auf den Dax 50 ESG an, an dem somit auch die Börse verdienen wird.

1 Kommentar

Liebe Frau Cassalla,
man muss wahrlich kein Umweltschützer sein, um den Index nicht so doll zu finden. Was Herr Flägel da erzählt hat, war reines Marketing. Bis jetzt ist absolut unklar, wie Sustainalytics die ESG-Werte bestimmt. Ansonsten stehen bei der Aktienauswahl Umsatz und Marktkapitalisierung neben Nachhaltigkeitskriterien. Das findet bei Menschen und Institutionen, die wirklich in Nachhaltigkeit investieren wollen, kaum Anklang. Wieso dann dieser lobende Artikel?

Hatte den Index gestern in meinem Blog „gewürdigt“.

MfG
Ralf Breuer

11. März 2020
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