Mit Powa, ehemaliger Mobile Payment-Anbieter, kollabierte das ehemals selbsternannte „schnellstwachsende“ britische Fintech mit einer Bewertung von $2,7 Mrd in die Insolvenz. Brancheninsider fragten sich lange vor der Insolvenz wie die Bewertung das eigentliche operative Geschäft insbesondere aktive Kunden und Transaktionen rechtfertigt. Trotzdem sprachen viele Markt-Beobachter fast ehrfürchtig von Powa und seinen Erfolgen und gaben eigentlich nur unreflektiert die PR-Story wieder, statt das Kerngeschäft zu hinterfragen. Eine gute Zusammenfassung der Powa-Historie gibt es beim Business-Insider Blog.
Die Cashcloud AG fällt auf durch eine Flut von wenig schmeichelhaften Pressemitteilungen über Wettbewerber. Die Börsenstory und Kursentwicklung ist dagegen geprägt von mehreren Aussetzungen vom Handel wegen Verdachts auf Marktmanipulationen durch dubiose Börsenbriefe. Einer dieser Börsenbriefe residiert nach Recherchen des Handelsblatts ausgerechnet an der gleichen Adresse wie ein Unternehmen des Zwillingsbruders des Cashcloud CEOs.
WB21 hatte letzte Woche im mondänen Berliner Adlon-Hotel zu einer Pressekonferenz eingeladen und öffentlichkeitswirksam den brexit-bedingten Umzug von London nach Berlin verkündet. Auch hier liegt laut eigenen Aussagen das derzeit weltweit am schnellsten wachsende FinTech vor, mit einer angeblichen Unternehmensberwertung von $2,2 Mrd. Zumindest Hintergrund-Recherchen der Financial Times der Süddeutschen Zeitung und des Manager Magazins scheinen etliche Fragezeichen an den Aussagen der Firma zu haben. Auch die externe Traffic-Analyse der Web-Seite zeigt annährend keine Zugriffe der angeblichen 1 Mio Kunden von WB21. Bis Mai dieses Jahres gab fast keine Besucher der Seite und im August 2016 nur 40.000 Zugriffe bei einer Bounce-Rate von 50%. Man fragt sich wie man bei diesen sehr niedrigen Zugriffsraten so schnell 1 Mio Kunden gewinnen kann. Zum Vergleich: Number26 mit 200.000 Kunden hatte im Mai 1 Mio Zugriffe und im August 550.000 bei einer Bounce-Rate von 22%. Auch wenn die Statistiken nur Indikationen sind, bleiben etliche Fragen offen bei WB21.
Es ist den oben genannten Anbietern überlassen wie gut oder schlecht und vor allem wie laut sie sich in der Öffentlichkeit präsentieren. Alle Fintech-Interessierte sind jedoch aufgerufen etwas „genauer“ hinzuschauen, bevor man „Retweet“ drückt oder dem einen oder anderen StartUp und StartUp-Manager eine Plattform bietet. Update 8.10.16: André, Jochen und Maik haben zu dem Thema sich auch ausführlich unterhalten im Podcast #69 und das Thema zum Hauptthema der ganzen Episode des Podcasts gemacht.3 Kommentare
Hallo Herr Leichsenring,
wir müssen unterscheiden zwischen StartUps die Kundentraktion zeigen und StartUps die jenes behaupten aber ggfs. gar nicht haben.
Die Frage nach einem „nachhaltigen“ Geschäftsmodell ist bei StartUps immanent und wird idR sehr einfach und direkt durch den Markt von Risikokapital geregelt. Wenn die Investoren kein solches Geschäftsmodell oder lukrativen Exit für die Zukunft erwarten würden, wäre kein weiteres Funding sicher gestellt. VCs und PEs sind auch nicht „dumm“, sondern einfach risikobereiter :)
Und es gibt ja zig Beispiele wo oft und laut angeblich fehlende Geschäftsmodelle in der Frühphase eines StartUps kritisiert wurden, StartUps dann aber genau dieses nach einiger Zeit lieferten. Ich kann mich noch erinnern wie es hieß: Online-Schukauf bei einer Retourenquote von 50% ist kein nachhaltiges Geschäftsmodell – Zalando hat uns mittlerweile eines besseren belehrt. Ähnliches hörte man am Anfang über Amazon, Youtube und co. Aber auch diejenigen, die es nicht schaffen eben jenes Geschäftsmodell zu liefern, scheiden dann vom Markt wieder aus, was auch gesund ist.
VG
Jochen Siegert
[…] and Banking: FinTechs und ihre PR: Mehr Seriosität bitte! dazu auch FinTech-Podcast […]
Es ist sicherlich gut, die FinTech-Szene mal an den Dot-Com-Crash zu erinnern.
Was nützen 1 Mio Zugriffe, wenn dahinter kein nachhaltig profitables Geschäftsmodell steht?
VG
Hansjörg Leichsenring